Aufatmen am Chemiestandort Marl
Sicherheitsabstände zum Chemiepark sind durch Gutachten drastisch geschrumpft und ermöglichen zukunftsfähige Stadtentwicklung
MARL. “Seveso 3” – bei diesem Stichwort zuckten mehr als ein Jahr lang Politiker und Stadtplaner zusammen. Diese EU-Richtlinie dient dazu, Menschen vor potenziellen Gefahren von Anlagen wie dem Chemiepark zu schützen. Tatsächlich drohte sie einen großen Teil der Stadtentwicklung in Marl lahmzulegen. Seit gestern ist das Vergangenheit. TÜV-Gutachter bescheinigten dem Chemiepark ein so geringes Gefährungspotenzial, dass es jenseits des Werkzauns so gut wie keine Einschränkungen mehr gibt.
Der TÜV NORD hat im Auftrag der Evonik Industries AG ein „Gutachten zur Verträglichkeit von Betriebsbereichen im Chemiepark Marl unter dem Gesichtspunkt des § 50 BImSchG bzw. des Art. 13 Seveso-III-Richtlinie“ erstellt. Ziel der Untersuchung war, die nachbarschaftliche Situation zu bewerten und zum Europarecht konforme Hinweise für eine zukünftige Entwicklung im Umfeld des Chemieparks zu geben.
Dr. Jörg Harren, Standortleiter des Chemieparks Marl, erklärt: „Das Gutachten bestätigt unsere bisherige Arbeit und liefert für Chemiepark und Stadt Marl sinnvolle planerische Rahmenbedingungen für künftige Erweiterungen und Bauvorhaben. Als gute Nachbarn sind wir im steten Dialog mit unserer unmittelbaren Umgebung. Mit dem Gutachten sorgen wir zudem für die notwendige Transparenz.“
Für Marls Bürgermeister Werner Arndt bedeutet das Gutachten jetzt Klarheit. „Wir haben immer betont: die Umsetzung der Seveso-III-Richtlinie in städtisches Planungsrecht hat für die Stadt Marl und die Verwaltungsleitung hohe Priorität“, sagt Werner Arndt. „Umso größer ist die Freude, dass uns die positiven Ergebnisse des Abstandsgutachtens nun eine nachhaltige und zukunftsfähige Stadtentwicklung ermöglichen.“
Der TÜV NORD ermittelte hierzu den sogenannten angemessenen Abstand zwischen den Produktionsanlagen und neu hinzukommender schutzbedürftiger Nachbarschaft. Dieser beträgt im Süden (zur A 52) 100 bis 300 Meter und liegt damit weitestgehend nördlich der A 52; in anderen Richtungen beträgt der Abstand bis zu 600 Meter ab Werkszaun. Durch die Untersuchung des TÜV NORD konnte somit der ursprünglich angesetzte Wert von 1.500 Metern deutlich reduziert werden. Aufgrund der Ergebnisse des Gutachtens ist bei Bebauungsplänen um den Chemiepark nur mit vergleichsweise wenig Einschränkungen zu rechnen. Für bestehende Bebauung innerhalb des angemessenen Abstands gilt ohnehin Bestandschutz.
Die Seveso-Richtlinie fordert einen angemessenen Sicherheitsabstand zwischen industriellen Betrieben und öffentlich genutzten Gebäuden, Erholungs- und Wohngebieten. Selbst im Falle eines größeren Ereignisses, zum Beispiel bei Produktaustritt aus einer Produktionsanlage im Chemiepark, sollen so akute Gefährdungen für anliegende Bereiche möglichst gering gehalten werden.
Für Evonik und die im Chemiepark ansässigen Partnerfirmen bedeuten die neuen Abstandsregelungen keine Veränderung der bestehenden Situation: Der Chemiepark grenzt im Westen und Osten an Gewerbeflächen, im Norden an ein Naturschutzgebiet und im Süden an zum Chemiepark gehörende Gebäude. Somit existieren in unmittelbarer Nachbarschaft zum Chemiepark derzeit ohnehin kaum nach EU-Recht schutzbedürftige Bebauungen.
Quelle: Pressemitteilung Chemiepark Marl vom 09.02.2017