Das Landeskabinett hat die Novellierung von zwei zentralen Gesetzen der Integrations- und Migrationspolitik beschlossen. Durch eine verbindlichere Integrationspolitik sollen die Potenziale der auf Dauer in Nordrhein-Westfalen bleibenden Menschen künftig zielgenauer gefördert werden, während durch ein verbessertes Rückführungsmanagement Menschen ohne Bleibeperspektive konsequent zurückgeführt werden.
„Nordrhein-Westfalen ist ein Einwanderungsland mit langer Tradition. Wir wollen auch in Zukunft ein weltoffenes Land sein, das Chancen für Menschen mit Einwanderungsgeschichte ermöglicht. Mit der Neufassung des Teilhabe- und Integrationsgesetzes sorgen wir für das modernste Integrationsrecht bundesweit. Wir schaffen jetzt klare Strukturen, transparente Förderbedingungen und Verlässlichkeit“, sagte Integrations- und Flüchtlingsminister Joachim Stamp. Die integrationspolitische Infrastruktur wird mit der Gesetzesnovelle rechtlich abgesichert und mit einer Mindestsumme von 130 Millionen Euro jährlich unterlegt.
Mit der Reform des Teilhabe- und Integrationsgesetzes erhalten insbesondere die kommunale Integrationsinfrastruktur, die Integrationsagenturen der Freien Wohlfahrtspflege einschließlich der Servicestellen zur Antidiskriminierung und Organisationen von Menschen mit Einwanderungsgeschichte langfristigere Planungssicherheit. Mit der Novellierung werden zudem alle lokalen Akteure systematisch vernetzt und ein bundesweit einzigartiges Fallmanagement ermöglicht. Das Flüchtlings- und Integrationsministerium stärkt darüber hinaus die Ausländerbehörden und erreicht mit ihnen gemeinsam einen Mentalitätswandel. „Gut integrierte Geduldete bekommen bei uns bessere Bleibeperspektiven als in nahezu allen anderen Bundesländern. Auch die Zusammenarbeit mit den Einbürgerungsbehörden wird künftig ausgebaut. Wir sorgen für mehr Teilhabe, mehr Integration und mehr Chancengerechtigkeit. Zentral ist ein neues Teilhabe- und Integrationsverständnis mit den Zielen Ankommen, Teilhaben und Gestalten. Gleichzeitig werden Integrationsverweigerer oder straffällig gewordene Migranten konsequent abgeschoben“, sagte Minister Stamp.
Für die Landesregierung steht das respekt- und friedvolle Zusammenleben aller Menschen im Mittelpunkt. Integrationsstaatssekretärin Serap Güler: „Weder die Herkunft, die Religion oder Weltanschauung, das Alter, die soziale Lage, noch die sexuelle oder geschlechtliche Identität oder eine Behinderung dürfen die Realisierung von Chancen- und Teilhabegerechtigkeit erschweren. Wir werden jeglichen Formen von Diskriminierung und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entgegenwirken und dafür im Zuständigkeitsbereich der obersten Landesbehörden ein Beschwerdemanagement für betroffene Menschen vorsehen.“ Verbunden ist damit der Auftrag zur aktiven Gestaltung von Integration und zur Stärkung des gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalts im Sinne der Teilhabe- und Integrationsstrategie 2030.
Ergänzt wird dies durch neue Regelungen für Integration durch Bildung, zum Erwerb der deutschen Sprache, für Ausbildung und Arbeit sowie für eine vereinfachte Gewährung der Integrationspauschalen des Landes und einer Verlängerung des Verwendungszeitraums der für 2019 ausgezahlten Zuweisungen für Integrationsmaßnahmen in Höhe von 432,8 Millionen Euro bis Ende November 2022, um eine sachgerechte Mittelverausgabung im Integrationsbereich auch in der Pandemiesituation zu erreichen.
Ein zentraler Baustein ist das flächendeckende Landesförderprogramm Kommunales Integrationsmanagement, das alle Akteure vor Ort einbezieht und in erster Linie für geflüchtete und andere neu eingewanderte Menschen gedacht ist. Eng verbunden mit den Kommunalen Integrationszentren erhalten die Kreise und kreisfreien Städte so eine bundesweit einzigartige Integrationsinfrastruktur. Migrations- und Integrationsprozesse können vor Ort „von der Einreise bis zur Einbürgerung“ zusammengeführt werden. Das Kommunale Integrationsmanagement ist auf Dauer angelegt und wird mit dem Gesetzesentwurf rechtlich verankert und finanziell abgesichert.
Die Ergebnisse der Anhörung von über 120 Verbänden und weiteren integrationspolitischen Akteuren sind in den Gesetzentwurf ebenso eingeflossen wie die Expertise der Expertinnen und Experten des Landesbeirats für Teilhabe und Integration.
Einen verlässlichen finanziellen und gemeinsamen politischen Weg mit den Kommunen hat die Landesregierung zudem mit der Reform des Flüchtlingsaufnahmegesetzes (FlüAG) auf den Weg gebracht. Minister Stamp: „Wir wollen gemeinsam durch eine verbindlichere Politik die Anzahl der Geduldeten reduzieren. Dazu gehört ein effizientes Rückkehrmanagement, aber auch die Umsetzung der Erlasse, die gut integrierten Geduldeten ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht ermöglichen.“
Rückwirkend zum 1. Januar 2021 wird eine differenzierte monatliche FlüAG-Pauschale eingeführt. Statt der bislang für alle Kommunen einheitlichen Pauschale von 866 Euro monatlich pro Person erhalten kreisangehörige Gemeinden 875 Euro pro Monat pro Person und kreisfreie Städte 1.125 Euro pro Monat pro Person. Auf ein Jahr gerechnet ergibt sich für kreisangehörige Gemeinden eine Pauschale von 10.500 Euro und für kreisfreie Städte in Höhe von 13.500 Euro. Damit wird die Empfehlung von Herrn Professor Dr. Lenk, Universität Leipzig, umgesetzt, der die im Jahre 2017 durchgeführte Erhebung der flüchtlingsbedingten Aufwendungen gutachterlich begleitet hatte.
Daneben erhalten die Kommunen für jede Person, die nach dem 31. Dezember 2020 vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist oder wird, eine einmalige Pauschale in Höhe von 12.000 Euro. Zum Vergleich: Nach derzeitiger Rechtslage erhalten die Kommunen für vollziehbar ausreisepflichtige Personen maximal noch drei Monatspauschalen zu 866 Euro, das sind 2.598 Euro.
Ferner beteiligt sich das Land mit Einmalzahlungen an den Ausgaben der Kommunen für die Personen, denen bis zum Stichtag 31. Dezember 2020 eine Duldung erteilt worden ist. Hierfür sind in den Jahren 2021 und 2022 jeweils 175 Millionen Euro und in den Jahren 2023 und 2024 jeweils 100 Millionen Euro vorgesehen.