Q4.0 – Qualifizierung neu denken

Die vier Regionalagenturen Emscher-Lippe, Mülheim-Essen-Oberhausen, Mittleres Ruhrgebiet und Niederrhein hatten eingeladen – und konnten zahlreiche interessierte Gäste aus Unternehmen, Gewerkschaften, Verbänden und Politik im Wissenschaftspark Gelsenkirchen begrüßen. Die gemeinsame Tagung Qualifizierung neu denken – Strategien für Unternehmen und Beschäftigte bot einen Blick in die Zukunft der Arbeit – und darüber hinaus.

Dieser Blick in die Zukunft, das machte die Veranstaltung schnell deutlich, erfordert zugleich eine aufmerksame Betrachtung der Gegenwart: Was können wir heute tun, um kommende Umwälzungen als Chance für notwendige Veränderungen zu nutzen? Zukunftsforscher Klaus Burmeister lieferte mit seinem Impulsvortrag einen weit gefächerten Überblick zu möglichen Wirkungen einer digitalen Revolution für die Bereiche Gesellschaft, Arbeitswelt und Weiterbildung. „Die Themen Flexibilisierung, Dezentralisierung und Entgrenzung von Arbeit werden uns in den kommenden Jahren intensiv beschäftigen“, hob Burmeister hervor. Diese Entwicklungen blieben nicht auf bestimmte Branchen und Berufe beschränkt, so Burmeister weiter: „Von der Fertigung bis zum Management – jeder wird sich mit dem digitalen Wandel auseinandersetzen müssen!“

 

Drängende Gestaltungsfragen

Burmeister wies auf aktuelle Forschungsberichte für den deutschen Arbeitsmarkt hin. Danach könnten „in der digitalisierten Welt bis zum Jahr 2025 etwa 1,5 Millionen Jobs wegfallen“, so laute die Prognose. Andererseits „entstehen bis zum Jahr 2025 als Folge der Digitalisierung schätzungsweise 1,5 Millionen neue Arbeitsplätze“, so Burmeister. Das klinge vielleicht auf den ersten Blick nach Entwarnung. Doch der Appell des Zukunftsforschers wirkt unmissverständlich: „Wir müssen uns die Frage stellen, was mit den 1,5 Millionen Arbeitnehmern passiert, die ihre Stelle verlieren. Und nicht weniger entscheidend ist die Frage, welche Qualifikationen für die 1,5 Millionen neue Stellen benötigt werden – und wer diese Qualifikationen eigentlich vermitteln soll.“

Auf Einladung der Regionalagenturen stellten Unternehmen, die bereits seit längerem an Lösungen für eben diese Fragen arbeiten, ihre Ansätze vor. Dazu gehört der „Skill Room“ des Unternehmens Advanced Training Technologies – ein mobiler Trainingsraum in Container-Größe. Er beinhaltet ein interaktives E-Learning-System, das virtuelle Lerninhalte mit praktischen Aufgaben kombiniert. Der Skill Room wird für verschiedene Berufe individuell ausgestattet, benötigt kein zusätzliches Personal und kann im Prinzip weltweit eingesetzt werden.

Ebenfalls unter den Ausstellern: Konzepte für virtuelle Klassenzimmer und Lernplattformen, die heute schon zukunftsweisende Formate von Unterricht, Coaching und Weiterbildung ermöglichen. Das illustrierte beispielhaft das Projekt blink, das auch Jugendlichen mit mittleren Bildungsabschlüssen ein mediengestütztes Coaching bietet. Das Institut für berufliche Bildung (IBB) stützt sein Angebot gleichfalls auf virtuellen und dabei interaktiven Unterricht, der sich an spezifischen Bildungsanforderungen der Kunden orientiert.

 

Konkret, kooperativ und kollegial

Besonders eindrucksvoll: das Projekt Arbeit 2020, in dem Unternehmensleitung und Betriebsrat der Schrader Industriefahrzeuge GmbH aus Essen gemeinsam daran arbeiten, konkrete und zukunftsfähige Weiterbildungsprogramme im Betrieb zu etablieren. Unterstützung erhalten sie dabei von der Technologieberatungsstelle (TBS) aus Dortmund. Schrader-Betriebsratsvorsitzender Frank Kirchner brachte den Handlungsbedarf auf den Punkt: „Wir möchten Kolleginnen und Kollegen darauf vorbereiten, dass sie sich weiterbilden müssen, wenn sie in der digitalisierten Arbeitswelt bestehen wollen. In dieser Frage ziehen Betriebsrat und Unternehmensleitung an einem Strang.“

 

„Kein Anlass für Panik – aber zum Umdenken!“

Nach Einschätzung von Zukunftsforscher Klaus Burmeister bleiben etwas fünf bis zehn Jahre, um ein neues lösungsorientiertes Nachdenken über die Zukunft der Weiterbildung angesichts der Herausforderungen der Digitalisierung in Gang zu bringen. „Das bedeutet,“, unterstrich der Digitalisierungs-Vordenker auch in der Podiumsdiskussion, „dass wir keinen Grund zur Panik haben – aber zum Umdenken allemal!“ Christina Ramb vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen sah dies ähnlich und dankte den vier Regionalagenturen für die gemeinsam durchgeführte Veranstaltung: “Vernetzung und Kooperationsfähigkeit sind ja zentrale Kompetenzen für die neue Arbeitswelt. Insofern geben Sie mit dieser Veranstaltung ein eindrucksvolles Beispiel!“

Eugen Palm, Leiter der Arbeitsagentur Bottrop, sah noch einigen Arbeitsbedarf: „Für viele wichtige Themen gibt es nicht genug Angebote, E-Commerce ist ein Beispiel. Es muss uns gelingen, Weiterbildung auch mit konkreten Benefits für Unternehmen zu verbinden.“ Der Wandel muss ab sofort aktiv angegangen werden, unterstrich Zukunftsforscher Burmeister. „Ich möchte Sie dazu einladen, etwas auszuprobieren und neue Wege zu gehen“, schloss er in Richtung der Teilnehmenden. Eine Einschätzung, die Martin Peetzen, Leiter der Regionalagentur Emscher-Lippe, teilte: „Bereits in den nächsten fünf Jahren wird viel passieren – wir müssen jetzt auf dem Weg sein, um den Anschluss zu behalten.“

Tagungsprogramm QUALIFIZIERUNG NEU DENKEN!

Präsentation Klaus Burmeister: Arbeitswelten im Umbruch – Herausforderungen und Chancen der digitalen Transformation und der Zukunft der Weiterbildung

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Fotos: Sascha Kreklau